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Norbert Müller

Norbert Müller: Vier Forderungen zum Umgang mit Rüstungsaltlasten

Es scheint als komme Bewegung in die Frage der Beteiligung des Bundes an den Kosten der Entsorgung alliierter Rüstungsaltlasten. Nur kurze Zeit nach der Einbringung des Beschlusses des Bundesrates durch die Linksfraktion in den Bundestag erwägt die Unionsfraktion nun eine Fondslösung unter Beteiligung des Bundes und der Länder. Über die konkrete Ausgestaltung werde ich im Rahmen der Haushaltsdebatte berichten und den Finger weiter in die Wunde legen.

Für ein konkretes Bild vor Ort habe ich am 14. Juli den Kampfmittelbeseitigungsdienst (KMBD) des Landes Brandenburg in Wünsdorf bei Zossen besucht. Anders als in vielen anderen Bundesländern gehört die Kampfmittelbeseitigung hier zum Zentraldienst der Polizei des Landes und damit zum Innenministerium. Aufgrund der hohen Munitionsbelastung aus hunderten Jahren deutscher Kriegsgeschichte rund um Berlin ist der Verzicht auf eine Privatisierung dieser Aufgabe richtig. Vor Ort wurden wir durch den zuständigen Abteilungsleiter des Ministeriums, Herrn Dr. Trimbach, die Leiterin des KMBD, sowie dem Leiter der technischen und der Leiterin der planenden Unterabteilung herzlich begrüßt und umfassend informiert. Bedanken möchte ich mich bei den mehr als 60 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des KMBD, die täglich einer gefährlichen und anspruchsvollen Arbeit nachgehen, um uns alle vor den Gefahren alter Rüstungsgüter zu schützen.

Forderung 1

Das politische und gesellschaftliche Ziel, Rüstungsaltlasten zu entsorgen, muss erneut formuliert und gestärkt werden. Noch immer sind allein in Brandenburg 350.000 ha Fläche kontaminiert. Und gefunden wird alles aus allen Zeiten. Von der Kanonenkugel über chemische Waffen des Kaiserreiches, deutsche Flugabwehrgeschütze, alliierte Fliegerbomben mit chemischen Langzeitzündern, sowie Geschütze und Munition jeglichen Kalibers. Die deutsche Geschichte ist eine des Krieges, des regelmäßigen Zivilisationsbruchs und unsere Wälder und Städte dokumentieren dies zur Genüge. Für mich ist das Ziel einer Demilitarisierung der deutschen Politik eng verbunden mit der Frage des Schutzes zukünftiger Generationen vor den noch immer realen Gefahren der Vergangenheit. Der KMBD leistet hierbei jetzt schon eine großartige Arbeit mit begrenztem Auftrag und geringen Personaleinsatz. Doch obwohl in den vergangenen Jahrzehnten die belasteten Flächen weniger werden, steigt der Problemdruck. Gerade Munition aus dem Zweiten Weltkrieg hat einen Verwitterungszustand erreicht, der Selbstdetonationen oder -entzündungen wahrscheinlicher macht. Viele Waldbrände haben hierin ihre Ursache.

Der KMBD arbeitet nach dem Prinzip, dass er aktiv wird, wenn Rüstungsgüter gefunden werden. Eine eigenständige, aktive, planmäßige Suche findet nicht statt. Dies muss sich ändern.

Forderung 2

Die Entschärfung großer Fliegerbomben ist ein mediales Spektakel. Der Aufwand für die Suche, die Gefahr der Entschärfung, der Umfang der Evakuierungs- und Sicherungsmaßnahmen für die Bevölkerung sind enorm. Aber solche Rüstungsgüter machen max. 5% aller Funde aus. In der Regel werden Klein- und Mittelkalibergeschosse gefunden. Die Gefahr ist hierbei nicht weniger groß, gerade für das entschärfende Personal. Die Politik und die Medien sollten den Blick auf das Alltagsgeschäft der Kampfmittelbeseitigung schärfen.

Forderung 3

Als der Zweite Weltkrieg über die Oder heim ins Reich kam, wurde Brandenburg zu einem zentralen Feld militärischer Auseinandersetzungen. Ob bei den Seelower Höhen, im Kessel von Halbe oder in Oranienburg – in Brandenburg wurde mit hohem militärischen Aufwand die endgültige Zerschlagung des deutschen Faschismus besiegelt.

Der Besuch in einem Landesforst in der Nähe von Halbe hat eindrucksvoll gezeigt, dass bei der Suche und der Entsorgung von Rüstungsgütern eine Trennung in alliierte und reichseigene Munition bürokratischer Unsinn ist. Gefunden wird erst einmal alles. Dann muss die Munition nach ihrem Ursprung sortiert werden, sofern das aufgrund des Verwitterungszustandes überhaupt noch möglich ist – denn die Kosten für die Entsorgung reichseigener Munition trägt der Bund – die Kosten für alles andere der jeweilige Auftraggeber: Kommunen, das Land oder der Grundbesitzer. Danach wird die Munition gesammelt vernichtet. Diese Trennung ist nicht nur historisch unlogisch, sie bedeutet für den KMBD einen unnötigen bürokratischen Mehraufwand und wird auch mit der angestrebten Fondslösung nicht aufgehoben.

Besonders absurd ist aber, dass der KMBD seine Kosten gegenüber dem Bund über die BIMA abrechnen muss – also der bundeseigenen Immobilienverwertungsgesellschaft. Die hat jedoch klar den Auftrag Gewinne zu erwirtschaften und streitet sich deswegen mit dem Land permanent um Kosten.

Für mich bleibt es dabei – die Entsorgungskosten hat der Verursacher zu tragen - und das ist die Bundesrepublik als Rechtsnachfolger des Deutschen Reiches.

Forderung 4

Die Suche nach Rüstungsaltlasten obliegt dem Eigentümer belasteter Grundstücke. Auf Baugrund muss eine Unbedenklichkeitsbescheinigung eingeholt werden, die nach einer Überprüfung durch den KMBD ausgestellt wird. Im Falle des beschriebenen Wäldchens im Kessel von Halbe ist der Eigentümer das Land selbst. Der Landesforstbetrieb hat es sich zum Ziel gesetzt, die eigenen Forste von Rüstungsaltlasten räumen zu lassen. Für die systematische Suche werden private Firmen engagiert, die in enger Abstimmung mit dem KMBD mit Sonden und Spaten den Wald beräumen. Dies kann im Durchschnitt Kosten pro Quadratmeter von 50 Cent bis zu 5 Euro verursachen. Wenn kein öffentlicher Wille bezüglich des landeseigenen Forstbetriebes da wäre, würde eine flächendeckende Räumung aus betriebswirtschaftlichen Erwägungen nicht machbar sein. Es handelt sich schließlich nicht um Goldminen, sondern um märkische Kiefernwälder und 50.000 Euro/ ha müssen erst einmal erwirtschaftet werden. Aber große Teile der 350.000 ha kontaminierter Fläche sind Privatgrund. Leider verfolgen nur wenige Privatgrundbesitzer ähnlich umfangreiche Dekontaminierungsziele wie die öffentliche Hand. Hierfür müssen Fördermechanismen entwickelt werden, um die Anreize zur Kampfmittelbeseitigung für private Grundbesitzer zu erhöhen.

Norbert Müller, Mitglied des Deutschen Bundestages


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