Diese Website verwendet Cookies. Warum wir Cookies einsetzen und wie Sie diese deaktivieren können, erfahren Sie unter Datenschutz.
Zum Hauptinhalt springen
Thomas Nord

Keine Spendierhose für Brüssel

Der Mehrjährige Finanzrahmen (MFR) ist ein Instrument der Europäischen Union zur langfristigen finanzpolitischen Weichenstellung der Geldflüsse. Er wird in der Regel für sieben Jahre aufgestellt, dieses Mal von 2021 bis 2027. Durch den Brexit und den Ausfall der Zahlungen des Vereinigten Königreichs, der 2019 abgeschlossen sein soll, wird sich das Volumen des Mehrjährigen Finanzrahmens nach Schätzungen um 10% bis 13% verringern.

Das hat Auswirkungen auf Ostdeutschland und Brandenburg sowie auf die grenzüberschreitende Zusammenarbeit mit Polen und ist damit von nicht zu unterschätzender Bedeutung. Die LINKE wendet sich entschieden dagegen, dass die Regionalmittel oder die Zahlungen für die Gemeinsame Agrarpolitik (GAP) gekürzt werden. In einer Situation sinkender Einnahmen dürfen auch die Ausgaben für die militärische Zusammenarbeit oder für stärkere Abschottung der EU gegen Flüchtlinge nicht erhöht werden.

Mit dem MFR soll gemäß Artikel 312 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) erreicht werden, dass die Ausgaben der Union innerhalb der Grenzen ihrer Eigenmittel eine geordnete Entwicklung nehmen. Er ist ein politisches Leitplankeninstrument, kein konkreter Haushaltplan, der den einzelnen Mitgliedsstaaten Planungssicherheit ermöglicht. Im MFR werden Obergrenzen festgelegt, die in den einzelnen Politikfeldern (Rubriken) während des festgesetzten Zeitraums ausgegeben werden dürfen.

Im organisatorischen Verlauf wird der MFR zunächst als ein Verordnungsvorschlag der Europäischen Kommission veröffentlicht und an das Europäische Parlament überwiesen. Nach der Zustimmung im Europäischen Parlament (EP) wird es an den Rat überwiesen, der die Verordnung einstimmig annehmen muss. Aus den jetzigen Zeitplanungen geht hervor, dass dieser Prozess vor der Neuwahl des EP im Mai 2019 abgeschlossen sein soll. Da der Rat im Verfahren abschließend entscheidet, ist hierfür der Frühlingsgipfel im März 2019 ein möglicher Termin. Danach wird die Schlussphase im EP-Wahlkampf eingeläutet.

Der aktuelle MFR läuft im Jahr 2020 aus. Er war der erste Finanzrahmen in Höhe von aufgerundet 1 Billion Euro, der im Vergleich zum vorhergehenden kleiner gesteckt wurde. Für die Erarbeitung des Finanzrahmens von 2014 bis 2020 standen die Bereiche Gemeinsame Agrarpolitik und Kohäsionsfonds nach der EU-Osterweiterung im Mittelpunkt der Herausforderungen. Damals wurde auch über eine Erhöhung des Anteils der Mitgliedsstaaten von 1% auf 1,05% gesprochen. Schon dies hat zu erheblichen Turbulenzen geführt.

Auch die Debatte um die Kohäsionsfonds, zu denen der Europäische Sozialfonds (ESF) und der Europäische Fond für Regionale Entwicklung (EFRE) gehören, war scharf umstritten. Der Großteil der Mittel in Höhe von ca. 450 Milliarden Euro geht in weniger entwickelte europäische Länder und Regionen mit der Zielstellung der Verringerung von wirtschaftlichen und sozialen Ungleichgewichten.

In den jetzt begonnenen Verhandlungen zum MFR 2021–2027 stehen der Brexit und seine Auswirkungen auf die Finanzplanung im Mittelpunkt der Auseinandersetzungen. Aber auch die unterschiedliche wirtschaftliche Entwicklung in den osteuropäischen Staaten, die 2004 und 2007 beigetreten sind, wird Anlass für Kontroversen sein. Das Vereinigte Königreich (VK) ist ein so genannter »Nettozahler«, das heißt, London zahlt mehr Geld ein, als es herausbekommt.

Dadurch entstehen nach dem Austritt des VK im Jahr 2019 je nach Schätzung im jährlichen EU-Haushalt Defizite zwischen 6 und 26 Milliarden Euro, im Mittel wird oft ein Betrag zwischen 10 und 13 Milliarden genannt. Der Streit über den neuen Finanzrahmen verläuft über die Gewichtung des Verhältnisses von Einnahmeerhöhung und Ausgabenverringerung.

Bei den bevorstehenden Verhandlungen zeichnet sich erneut der zentrale Streit in der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) und bei den Kohäsionsfonds ab. Sie machen in etwa 70% des Gesamthaushaltes aus. Für beide hat der deutsche EU-Kommissar Oettinger (CDU) eine Kürzung zwischen 5% und 10% ins Gespräch gebracht. Die GAP ist ein Zwei-Säulen-System, die erste besteht aus Direktzahlungen an die Landwirte, die zweite zielt auf die Entwicklung der ländlichen Räume. Der Schwabe hat die Diskussion mit einem Vorschlag über eine degressive Direktzahlung für landwirtschaftliche Flächen angeheizt.

Die Direktzahlungen für landwirtschaftliche Flächen sollen mit wachsender Größe verringert werden. Große Landwirtschaftsbetriebe bekämen weniger Förderung als kleine. Der Vorschlag läuft auf eine strukturelle Benachteiligung ostdeutscher Landwirte hinaus, weil die Ackerflächen in Ostdeutschland größer sind als in Baden-Württemberg und Bayern. Nach der einhelligen Kritik der ostdeutschen Landesregierungen in der vergangenen Woche wird eine deutliche Korrektur erwartet.

Auch wenn die Verordnung von der Kommission vorgeschlagen wird, bringt sich das Europäische Parlament (EP) bereits jetzt in die Erarbeitung ein. Der Haushaltsausschuss hat im Januar über zwei Initiativberichte beraten, die das EP im März verabschieden will. Der Ausschuss fordert darin eine Erhöhung des Anteils der EU-Mitgliedsstaaten auf 1,3% des Bruttonationaleinkommens (BNE), benennt zusätzliche Prioritäten und lehnt Kürzungen ab, die nicht unmittelbar durch den Brexit bedingt sind. Der für Haushalt und Personal zuständige Kommissar Günther Oettinger hat dem EP die Berücksichtigung dieser Vorlagen zugesichert, aber selber eine Erhöhung der Beiträge auf 1,1% bis maximal 1,2% vorgeschlagen.

Am 23. Februar kommen die Staats- und Regierungschefs zu einem informellen Treffen zusammen, um über den Stand in den Brexit-Verhandlungen und den Vorbereitungen des MFR zu sprechen. Auch hier geht es um die Spanne zwischen 1,0% des BNE, das die aktuelle Zahlungshöhe ist und den EP-Forderungen nach Erhöhung auf 1,3%. Im Jahr 2016 betrug das BNE in Deutschland aufgerundet 3,2 Billionen Euro. 0,1% entsprechen etwa 3,2 Milliarden Euro. Oettinger wird wie Schäuble versucht sein, seiner schwäbischen Sparmentalität möglichst großen Raum zu geben. Denn die politische Stimmung im Vorfeld der EP-Wahlen trägt in keinem Mitgliedsstaat der EU eine Spendierhose, zusätzliches nach Brüssel zu geben. Weder Finanzen noch politische Entscheidungskompetenzen.

Thomas Nord, Mitglied des Deutschen Bundestages


Parteimitglied werden kann man hier.

Aktuelle Termine von uns

  1. DIE LINKE. Luckenwalde
    10:00 - 11:00 Uhr
    Waldfriedhof, Luckenwalde DIE LINKE. Luckenwalde

    Gedenken zum Tag der Befreiung

    In meinen Kalender eintragen
  1. 10:00 - 11:00 Uhr
    Opfer des Faschismus-Mahnmal, Jüterbog DIE LINKE. Regionalverband Teltow-Fläming Süd

    Ehrung zum Tag der Befreiung

    In meinen Kalender eintragen
  1. 18:00 Uhr
    Friedhof Ludwigsfelde DIE LINKE. Regionalverband Trebbin-Großbeeren-Ludwigsfelde

    Kranzniederlegung zum Tag der Befreiung

    In meinen Kalender eintragen
Linksblick, Ausgabe April/Mai 2024

Linksblick

Zur aktuellen Ausgabe unserer Kreiszeitung kommen Sie hier.

Einblicke, Ausgabe April/Mai 2024

Einblicke

Die aktuelle Ausgabe der Zeitung unserer Kreistagsfraktion lesen Sie hier.

EinBlick - Newsletter unserer Kreistagsgfraktion

EinBlick

Zum Newsletter unserer Kreistagsfraktion mit dem Bericht zur zurückliegenden Kreistagssitzung kommen Sie hier.

Watching you - AfD-Monitoring