Dr. Dagmar Enkelmann MdB

„Ich konnte es erst gar nicht glauben!“

"Im Rahmen der Gesprächsreihe „Mit-Menschen“ sprach Linken-Politikerin Dagmar Enkelmann über ihre Erinnerungen an den Mauerfall und ihren künftigen Posten als Chefin der Rosa-Luxemburg-Stiftung.

Dass es ausgerechnet der 9. November war, an dem Dagmar Enkelmann, Parlamentarische Geschäftsführerin der Linksfraktion im Bundestag, zum Gespräch nach Blankenfelde kam, sei eigentlich Zufall gewesen, gestand „Talkmaster“ Bernd Heimberger. Die Frage, wie Enkelmann als Sozialistin an jenem Schicksalstag den Mauerfall erlebt habe, drängte sich als Einstiegsfrage jedoch auf.

Fassungslos habe sie als damalige Doktorandin an der Akademie für Gesellschaftswissenschaften in Berlin am Fernseher verfolgt, wie Günter Schabowski die neue Reiseregelung bekannt gab, berichtete Enkelmann: „Ich konnte es erst gar nicht glauben!“

Tags darauf habe sie ihre Dissertation abgegeben, die von der Identitätskrise der Jugend mit dem Sozialismus handelte. Unter die Menschen, die die Öffnung der Mauer mit eigenen Augen sehen wollten, habe sie sich jedoch nicht gemischt. „Gerne würde ich die vielen jubelnden Menschen von damals heute sehen und fragen, was sie zu Themen wie Arbeitslosigkeit und Hartz IV sagen“, meinte die Bernauer Politikerin. Trotzdem habe sie die Wende auch als Chance begriffen, die Partei zu verändern.

In die SED sei sie 1977 „aus voller Überzeugung“ eingetreten. Als PDS-Abgeordnete habe sie es nach dem Mauerfall in Bonn nicht gerade einfach gehabt, so Enkelmann. „Man hätte sich damals bei der Wende einfach mit allem mehr Zeit lassen sollen.“

Auf die Frage aus dem Publikum, ob sie heute Karl Liebknecht noch ehre, antwortete sie: „Ja, natürlich, und Rosa Luxemburg auch!“ Das betonte die seit jeher stark für Frauenrechte engagierte Politikerin nicht nur, um auch den weiblichen Kopf der sozialistischen Revolution hervorzuheben, sondern auch mit Blick auf ihre angestrebte Tätigkeit als Chefin der Rosa-Luxemburg-Stiftung. Ende September sickerten erste Informationen aus Parteikreisen durch, dass die Historikerin im Dezember zur Vorstandschefin der parteinahen Stiftung gewählt werden soll. „Ja, das stimmt“, bestätigte Enkelmann in Blankenfelde, „als Geschäftsführerin der Fraktion stehe ich in der nächsten Legislaturperiode definitiv nicht mehr zur Verfügung.“

Bereits heute will sie nichts mehr wissen von ihrem ehemaligen Titel als „Miss Bundestag“. „Ich fand damals, das geht ja gar nicht“, erinnert sich die heute 56-Jährige an den Augenblick, in dem sie Anfang der 1990er Jahre von einem Journalisten erfuhr, dass sie zur schönsten Frau im Bundestag gekürt worden sei. „Aber der Gregor (gemeint ist Gysi, d. Red.), der fand das toll, er meinte, so können wir als PDS auf uns aufmerksam machen“, seufzte Enkelmann.

Von der Politik ganz trennen will sich Dagmar Enkelmann künftig jedoch keineswegs. Bei der Bundestagswahl 2013 werde sie zumindest noch direkt in ihrem Wahlkreis Bernau kandidieren. Ihr Schwerpunkt soll dann aber auf der Kommunalpolitik liegen. „Das wird immer meine große Leidenschaft bleiben“, betonte Enkelmann."

Erschienen in der Märkischen Allgemeinen Zeitung am 12.11.2012, verfasst von Andrea Keil.