Flüchtlingshelfer in Nöten

Seit 2015 helfen viele Ehrenamtler bei der Betreuung der nach Jüterbog kommenden Flüchtlinge. Sie kommen aus allen sozialen Schichten der Stadt und des Umlandes und sie vereint, unabhängig von politischem Standpunkt und konfessioneller Zugehörigkeit, der Wunsch, den Geflüchteten zu helfen. Mit dieser Einstellung ist es gelungen, die Bewohner der Heime Waldauer Weg und Quellenhof zu betreuen und Erfahrungen im Umgang mit Personen zu erhalten, die durch Krieg, Flucht und Vertreibung ihre Heimat verlassen mussten.

Dank der Kirchgemeinde St. Nikolai durften wir als Treffpunkt Räume der Turmstube am Dammtor nutzen. Diese wurden durch einen Anschlag im November 2015 völlig zerstört. Die polizeilichen Ermittlungen sind gerade wieder aufgenommen worden. An diesem Tag sollten die ersten Flüchtlinge im neuen Heim in der Großen Straße eintreffen und parallel fand ein sogenannter Abendspaziergang, angemeldet von einem NPD-Abgeordneten aus Nauen mit ca. 200 Teilnehmern, statt. Diesen stellten sich ca. 600 Jüterboger entgegen. In der vorher stattgefundenen Informationsberatung des Kreises im Kulturquartier konnten alle Fragen der anwesenden Bürger beantwortet, Sorgen zerstreut und das Heim noch vor der Belegung besichtigt werden.

Alle Flüchtlingshelfer waren in dieser Situation nach dem Anschlag bestürzt und entsetzt, weil sie ihre Hilfebasis verloren hatten. Da stand Herr Felgentreu auf und bot Hilfe an. Als Unternehmer stellte er in der Großen Straße mietfrei Räume, erstmal für ein Jahr, zur Verfügung. Wir hatten eine Arche. Alle Aktivitäten der Betreuer waren gesichert. In den Räumen finden die wöchentlichen Treffs mit Bürgern der Stadt und den Betreuern statt, werden Fragebögen und Amtspost bearbeitet, denn die ist nicht nur für Geflüchtete manchmal schwer verständlich. Es erfolgt Hilfe beim Spracherwerb für Personen, die noch nicht in das kreisliche Kurssystem eingegliedert sind, es wurde eine Kleiderkammer aufgebaut, die für alle bedürftigen Bürger geöffnet ist und nicht nur für Geflüchtete. Viele weitere Akivitäten wären noch zu nennen.

Dies alles ehrenamtlich, denn seitens der Stadt, deren Bürgermeister ja qua Amt der Flüchtlingsbeauftragte ist, wurde weder materielle noch finanzielle Hilfe organisiert oder die Arbeit unterstützt. Im Gegenteil, selbst eine Vorlage in der Stadtverordnetenversammlung für eine ausländerfreundliche Stadt wurde mehrheitlich abgelehnt. Ob das die Straftat, den Brandanschlag auf die unbegleiteten Jugendlichen in der Badergasse befördert hat? Wir wissen es nicht.

In den 14-tägigen Beratungen der Helfer erfolgt die Koordinierung der Aufgaben. Die Integration muss gelingen. Die eigene Qualifizierung wurde begonnen und hilft bei der Arbeit. Unterstützung erfolgte auf unseren Antrag durch das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft auf Beschluss des Deutschen Bundestages für drei Integrationsprojekte, Kochen mit Freunden, Kennenlernen der neuen Heimat und Stadtbegrünung in Jüterbog.

Nun steht die »Arche unter Druck«. Ja, die Zeit der mietfreien Nutzung ist längst abgelaufen und spätestens ab April wird für die Räume Miete fällig. Das aber überfordert die Kasse der Flüchtlingshilfe, die ja schon die Verbrauchskosten im Objekt trägt. Diese Situation treibt die Flüchlingshelfer um, denn bisher hat ihre ehrenamtliche Arbeit zu einem friedlichen Zusammenleben in der Stadt beigetragen.

Aufgrund der Ereignisse in Cottbus halten wir es aber für besonders dringlich, die finanzielle Situation zu ordnen und den Helfern bei ihrer Arbeit zum Wohle der Stadt die erforderliche Hilfe zu geben.

Peter Hacke, Jüterbog