Die milliardenschwere Care-Arbeit
Wann geht der Arbeitstag für viele los? Wenn der Wecker klingelt oder erst beim Ankommen auf der Arbeit?
Dies liegt im Auge des Betrachters. Für manche beginnt der Arbeitstag am Arbeitsplatz im Betrieb oder Büro, für viele andere zu Hause: Kinder wecken und anziehen, Brote schmieren, liegengebliebenen Haushalt erledigen. Dies zieht sich bei den meisten den ganzen Tag durch. Viele sehen es als selbstverständlich an, da es meist aus Liebe passiert, dabei vergisst man, wie viel Mühe und Zeit so etwas verlangt. Um es auf den Punkt zu bringen: das ist Arbeit, die nicht bezahlt wird.
Care-Arbeit (reproduktive Arbeit) wird überwiegend von Frauen verrichtet, auch in Deutschland. Laut dem Familienministerium verrichten Frauen jeden Tag 87 Minuten mehr unbezahlte Care-Arbeit als Männer, insgesamt vier Stunden und 13 Minuten. Würde diese Arbeit entlohnt werden, kämen laut Statistischem Bundesamt jährlich mind. 500 Milliarden Euro zusammen. Dabei ist noch nicht einmal die mentale Belastung vieler Menschen durch Organisation des Haushalts und Alltags, so was wie Arzttermine koordinieren, Geburtstage planen, Besorgungen machen und Hobbys der Kinder ermöglichen, eingerechnet.
Viele Feminist* innen fordern seit den 1970er Jahren »Lohn für Hausarbeit«. Auch noch heute ist es häufig so, dass Frauen nur Karriere machen können, wenn sie Haushalt und Fürsorge auslagern. Die Idee des Care-Lohns war damals schon umstritten, auch unter vielen Feminist*innen. Erziehung und Hausarbeit gehört gesellschaftlich und partnerschaftlich gerecht aufgeteilt.
Bei Care-Arbeit geht es nicht nur um die Schneise zwischen Frau und Mann, sondern auch zwischen arm und reich. Wer es sich leisten kann, gibt Sorgearbeit an Babysitter, Putzkräfte etc. ab, d. h. Sorgearbeit wird defamiliarisiert und zu einer Dienstleistung, die oft schlecht bezahlt ist oder gar als Schwarzarbeit erledigt wird. Das Thema ließe sich noch ewig ausweiten und wird sich auch zukünftig nicht einfach vom Tisch fegen lassen. Es wird immer in der Gesellschaft aktuell bleiben, mal mehr, mal weniger.
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