Vertrauen durch Transparenz und Ehrlichkeit zurückgewinnen
Helmut Scholz, verfassungspolitischer Sprecher der LINKEN im Europäischen Parlament, erklärt zur Abstimmung über die Änderungen der Geschäftsordnung des Europäischen Parlaments zur Stärkung von Integrität, Unabhängigkeit und Rechenschaftspflicht am Mittwochnachmittag:
„Viele der Vorschläge, die der Ausschuss für konstitutionelle Fragen zur Aufarbeitung von ‚Katar-Gate‘ vorlegte und die heute im Plenum des Europaparlaments abgestimmt wurden, tragen eine linke Handschrift. Der Bericht ist ein klarer Schritt in die richtige Richtung, auch wenn er hätte noch weiter gehen müssen.“
Helmut Scholz weiter:
„Der Korruptionsskandal um Abgeordnete und Mitarbeiter*innen des Parlaments, auch als Katar-Gate bekannt, hat dem Ansehen des Hauses massiv geschadet. Deshalb hatten wir uns als Parlament im Januar dazu verpflichtet, den von Parlamentspräsidentin Metsola vorgeschlagenen und vom Plenum bestätigten 14-Punkte-Plan so bald wie möglich in konkrete Maßnahmen umzusetzen, einschließlich der Überarbeitung der Geschäftsordnung. Der nun beschlossene Bericht zur deren Reform enthält Vorschläge, die wir als Linksfraktion schon lange fordern: eine obligatorische Vermögenserklärung der Abgeordneten, aber auch strengere Regeln für die Transparenz, einschließlich Treffen mit Lobbyvertreter*innen. Aber all dies ist natürlich nicht ausreichend: die Verabschiedung dieses Berichts sollte als das absolute Minimum angesehen werden!“
Scharf kritisiert der LINKE-Parlamentarier die Blockadehaltung rechter und konservativer Abgeordneter:
„Wir als LINKE haben mehrere Änderungsanträge eingebracht, um die Rechenschaftspflicht der Abgeordneten zu erhöhen, zum Beispiel durch das Verbot von bezahlten Nebentätigkeiten oder die Erhöhung der ‚Cooling-off‘-Periode auf bis zu zwei Jahre. Es war die sich zusammengescharte rechte Seite im Haus, der es gelungen ist, sich diesen in der Konsequenz viel weitergehenden Vorstößen für weitere Reformen zu widersetzen. Dies ist der Preis für die finale Zustimmung der EVP-, EKR- und ID-Fraktionen, die im Verfassungs-Ausschuss noch fast einstimmig gegen den Entwurf gestimmt hatten.“
Helmut Scholz abschließend:
„Eine Geschäftsordnung ist quasi das Grundgesetz des Parlaments und jeder/jedes Abgeordneten. Ich erinnere daran, dass wir mit unserer Verpflichtung zum 14-Punkte-Plan den EU-Bürgerinnen und -Bürgern ein Versprechen gegeben haben. Setzen wir es um.”
Hintergrund:
Ende 2022 stellten Ermittlungsbehörden große Summen an Bargeld bei einer amtierenden und einem ehemaligen Mitglied des Europäischen Parlaments sowie bei Angehörigen und Mitarbeiter*innen sicher. Die Geldmittel stammten unter anderem aus Katar. Damit sollten Entscheidungen im Parlament beeinflusst werden. Die Konferenz der Präsidenten hatte als Konsequenz einen 14-Punkte-Plan beschlossen. Aus Sicht der Fraktion THE LEFT hätte der Plan noch konsequentere Schlussfolgerungen ziehen müssen.
Eine Arbeitsgruppe, der auch Helmut Scholz angehörte, hatte sich danach in monatelangen Verhandlungen auf diese justiziablen, für jede/n Abgeordnete/n verbindliche Regeln geeinigt, die explizit weitergehende Transparenz und eine Neufassung der Bestimmungen zur parlamentarischen Arbeit und entsprechenden ethischen Standards herstellen, einschließlich notwendiger Durchsetzungsinstrumente, d. h. auch Strafen bei schwerem Fehlverhalten von Abgeordneten. Damit sind Selbstverpflichtungen aus dem 14-Punkte-Plan in verbindliche Vorgaben der Geschäftsordnung des Parlaments und des Abgeordnetenstatus („Code of Conduct“) umgesetzt worden. Ein von der Linksfraktion gefordertes, durchgreifendes Verbot bezahlter Nebentätigkeiten fand jedoch keine Mehrheit im Plenum.