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Dr. Gerd Wiegel

Die AfD im Bundestag - ein Rückblick auf die aktuelle Sitzungswoche

Mit einem Strategiepapier zum Umgang mit der Corona-Krise will die AfD nach Angaben von tagesschau.de (https://www.tagesschau.de/inland/afd-corona-101.html) die Stagnation in den Umfrageergebnissen beenden und Unzufriedene stärker an sich binden. Klare Botschaften und nicht zu radikal soll der neue Umgang mit Corona aussehen, mit dem nicht allein den Lautsprechern der Corona-Leugner das Feld überlassen werden soll.

Im Bundestag konnte man in dieser Woche die Schwierigkeiten der AfD-Fraktion mit dieser Linie sehen. Während in einigen Reden tatsächlich verstärkt alternative Vorschläge zum Umgang mit einer offenbar als real akzeptierten Pandemie gemacht wurden, blieb ein anderer Teil der Fraktion bei der bisherigen Linie, Corona als eine Erfindung der Eliten zum Umbau der Gesellschaft darzustellen. Beatrix von Storch stand in der Debatte zur epidemischen Lage exemplarisch für diese neue Linie: "Wir haben Alternativen zu dem Lockdown formuliert. Mein Kollege Spangenberg hat es bereits erläutert: mehr Schnelltests für Seniorenheime und Krankenhäuser, FFP2-Masken für das Pflegepersonal und Unterstützung für Risikogruppen zu Hause. Wir wollen Menschenleben schützen, aber dabei darf die Wirtschaft nicht sterben. Wir brauchen die Wirtschaft auch, um Geld für Gesundheit und medizinischen Fortschritt zu haben." (Deutscher Bundestag, 19. Wahlperiode, Protokoll 190. Sitzung, S. 23963)

Ganz anders demgegenüber Abgeordnete wie Enrico Komning, der nur wenige Stunden nach von Storch von Inszenierung und Betrug spricht: "Fünf Tage Lockdown haben an Ihrer Infektionsfront, liebe Bundesregierung, nicht auch nur den Hauch eines Effekts gehabt. Die täglichen Wasserstandsmeldungen zu den sogenannten Infizierten sollen Angst und Schrecken verbreiten, um den Menschen erfolgreich eine pandemische Lage vorzugaukeln." (Ebd., S. 2403)

Deutlicher noch der notorische Klima- und Corona-Leugner Karsten Hilse, der bei seiner Rede mit Querdenker-T-Shirt auftrat und Klima- und Coronapolitik als zwei Seiten einer weltweiten Verschwörung behauptete, mit deren Hilfe der "Sozialismus weltweit mittels einer zu errichtenden Ökodiktatur wieder" eingeführt werden solle. Diese "große Transformation" hin zum Sozialismus habe u. a. das Weltwirtschaftsforum beschlossen. Kapital und Sozialisten Hand in Hand - Hilse knüpft hier nahtlos an die Phantasien der Nazis von einer roten und goldenen Internationalen aus Finanzkapital und Kommunismus an - eine antisemitische Projektion. Hilse weiter: "Dass diese Leute dazu mithilfe der Kanzlerin die Coronapanikkrise als hilfreiches Werkzeug nutzen wollen, ist nicht nur durch die Aussage von Herrn Schäuble bekannt, sondern wird ganz offiziell auf der EU-Webseite verkündet. (.) Um die Zerstörung dieser unserer Wirtschaft und unserer Gesellschaft zu beschleunigen, wurde ein Katalysator gefunden: Ein Virus und die von ihm ausgelöste Krankheit, von der selbst die WHO mittlerweile sagt, sie sei mit einer mittelschweren Grippe vergleichbar, wird zur Panikverbreitung benutzt, um in ihrem Schatten all die Dinge umzusetzen, die Sie sich schon lange auf die Fahne geschrieben haben, unter anderem das Auslöschen der Nationalstaaten in Europa." (Deutscher Bundestag, 19. Wahlperiode, Protokoll 188. Sitzung, S. 23701 f.)

Die Serie islamistischer Anschläge in Europa bot der AfD die Möglichkeit, ihr zentrales Thema öffentlichkeitswirksam zu vertreten. Der bedingungslose Kulturkrieg ist die Antwort der AfD auf die Anschläge, womit sie exakt das Anliegen des Islamismus umsetzt, der genau auf diesen Kulturkrieg setzt. Auf diese strukturelle Ähnlichkeit von Islamismus und extremer Rechter wurde von vielen Redner*innen hingewiesen. Martin Hess ist in seiner Rede darum bemüht, den Kriegsmodus auch sprachlich zum Ausdruck zu bringen: "Wenn die Kanzlerin bei ihrer Erklärung zum islamistischen Terroranschlag von Nizza mit keinem Wort die Ursache erwähnt, nämlich den Islamismus, dann ist das Feigheit vor dem Feind. Ja, Sie haben richtig gehört. Islamisten haben Europa den Krieg erklärt, und wir müssen jetzt endlich zurückschlagen. Dazu ist es unabdingbar, dass der Feind auch klar benannt wird. Und wer glaubt, er könne den islamistischen Terror quasi totschweigen, der drückt sich nicht nur um die Lösung des Problems, nein, er ist Teil des Problems. (.) Ihre feige Zurückhaltung sorgt dafür, dass die Lage immer weiter eskaliert. Der barbarische Islamismus lässt sich nicht mit Appeasement bekämpfen, sondern nur mit absoluter Entschlossenheit, und dafür ist es allerhöchste Zeit." (Deutscher Bundestag, 19. Wahlperiode, Protokoll 189. Sitzung, S. 23824)

Der Abgeordnete Jens Maier will die Unterscheidung zwischen Islam und Islamismus möglichst einebnen und redet dem Generalverdacht gegen alle Muslime, trotz gegenteiliger Beteuerung, das Wort: "In Deutschland leben mittlerweile mehrere Millionen Muslime; die genaue Anzahl ist unbekannt. Die allermeisten von ihnen sind friedlich und haben nichts Böses im Sinn. Diese Leute sind aber nicht friedlich, weil sie Muslime sind, sondern obwohl sie Muslime sind. (.) Es ist eine Illusion, zu glauben, es gäbe auch nur eine einzige Spielart des Islam, die mit unseren Wertvorstellungen, mit unserem Grundgesetz kompatibel wäre." (Deutscher Bundestag, 19. Wahlperiode, Protokoll 190. Sitzung, S. 24022)

Strategisch geht es der AfD in solchen Debatten darum, eine Neubewertung der sicherheitspolitischen Bedrohungslage zu fordern, um vor allem die Bedrohung durch die extreme Rechte zu bagatellisieren. Ihr Abgeordneter Christian Wirth führt das vor: "Zweitens ist es irreal, den Rechtsterrorismus, den wir alle verurteilen, als eine ernsthafte Gefahr für den Bestand der Bundesrepublik Deutschland hinzustellen. Nein, meine Damen und Herren, die verwerflichen Einzeltaten - warten Sie! - der Desperados von Kassel, Halle und Hanau können unseren Staat nicht gefährden. Dazu fehlt diesen Leuten Gott sei Dank der gesellschaftliche Rückhalt. Auch zahlenmäßig spielt der Rechtsterrorismus nach Auskunft von Europol eine untergeordnete Rolle. Während der Jahresbericht für 2019 26 linksterroristische und 21 dschihadistische Anschläge aufführt, werden 6 rechtsterroristische Anschläge gezählt - natürlich zu viel. Wer diesen Staat tatsächlich gefährdet, das ist der Linksterrorismus, das sind die Anschläge der Antifa, das ist deren Straßenkampf in Berlin, Hamburg, Leipzig und anderswo." (Deutscher Bundestag, 19. Wahlperiode, Protokoll 189. Sitzung, S. 23885) Bei Wikipedia wird "Desperado" übrigens mit "verzweifelt", "hoffnungslos", aber auch "verwegen", "tollkühn" und "ungeduldig" erläutert. Vielleicht charakterisiert das den Blick der AfD auf den Rechtsterrorismus ganz gut.

Die Schlussfolgerung solcher Positionen zieht der Abgeordnete Frank Pasemann, zwar aus der AfD ausgeschlossen aber immer noch Mitglied der Fraktion: 692 Millionen Euro für Integrationskurse und 152 Millionen Euro für das Programm "Demokratie leben!" sollten komplett eingespart und besser für "unsere deutschen Landsleute" ausgegeben werden. (Deutscher Bundestag, 19. Wahlperiode, Protokoll 190. Sitzung, S. 23994)

Alle Debatten können hier nachgelesen werden:

https://dip21.bundestag.de/dip21/btp/19/19188.pdf

https://dip21.bundestag.de/dip21/btp/19/19189.pdf

https://dip21.bundestag.de/dip21/btp/19/19190.pdf


Dr. Gerd Wiegel ist Referent der Fraktion DIE LINKE. im Deutschen Bundestag.


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