Die AfD im Bundestag - ein Rückblick auf die aktuelle Sitzungswoche
Corona-Pandemie und innerparteiliche Verwerfungen haben auch die Bundestagsfraktion der AfD aus dem Tritt gebracht. Von der internen Kritik an der Fraktionsführung angesichts der schwachen Performance im Bundestag hört man öffentlich weniger als vom Streit auf Parteiebene – aber unverkennbar geht der Riss auch durch die Fraktion. Die Ko-Vorsitzende Weidel ist weitgehend abgetaucht: von sieben Reden eines/einer Fraktionsvorsitzenden der AfD seit Jahresbeginn hielt Weidel gerademal eine, sechs gingen auf das Konto von Gauland. Mehr pflichtbewusst als engagiert bedient die Fraktion ihren antimuslimischen Rassismus in den Debatten. Eigenständige Vorschläge mit Blick auf die ökonomischen Folgen der Krise bietet die AfD-Fraktion nicht – ihre einzige Antwort heißt Nationalismus.
Eine europäische Krisenpolitik wird von der AfD abgelehnt. In der Debatte zur Finanzierung eines europäischen Wiederaufbaufonds haben AfD-Redner nur Verachtung für die Länder des Südens übrig. So schwadroniert Kay Gottschalk von den „Party- und Dolce-Vita-Staaten des Südens (…), die (es) trotz zehnjähriger Niedrigzinspolitik (…) nicht auf die Kette gekriegt haben.“ (Deutscher Bundestag, 19. Wahlperiode, Protokoll der 163. Sitzung, S. 20315) Europa kenne nur Solidarität, wenn es darum gehe, „dem deutschen Steuerzahler das Geld aus der Tasche zu ziehen.“ (Ebd., S. 20316) Die EU sei „ein Waterloo und Versailles für Deutschland in einem.“ (Ebd.) Nun gehörte Preußen zwar bei Waterloo zu den Siegern, was bei der AfD, die für sich und für das Land aber nur die Opferrolle kennt, schon einmal untergehen kann. Für Enrico Komning ist das geplante EU-Konjunkturpaket „nichts anderes, als eine gigantische Geldumverteilung nach Frankreich“ (Deutscher Bundestag, 19. Wahlperiode, Protokoll der 162. Sitzung, S. 20156) und die anderen Südländer, was laut Tobias Peterka daran liege, dass die Mehrheit „eben einfach beim ‚Club Med‘“ liege. (Deutscher Bundestag, 19. Wahlperiode, Protokoll der 163. Sitzung, S. 20323)
Außer Nationalismus hat die AfD nur die Glaubenssätze neoliberaler Markttheologie zu bieten. Auf die selbstgestellte Frage „Was ist nun zu tun, was tut not?“, führt Steffen Kotré für die AfD aus: „Entlastung der Wirtschaft dort, wo einfach nur ein Federstrich genügt: Streichung unsinniger Subventionen, Abschaffung der Energiewende, Wiedereinführung der Kohleverstromung und Kernenergie, Bürokratieabbau jetzt wirklich umsetzen. (…) Die Wirtschaftspolitik muss nach Jahren und Jahrzehnten der planwirtschaftlichen Lenkung endlich wieder marktwirtschaftlichen Prinzipien folgen. Meine Damen und Herren, lassen Sie uns die Fesseln der Bürger und Unternehmen lösen.“ (Deutscher Bundestag, 19. Wahlperiode, Protokoll der 162. Sitzung, S. 20163) Mehr als ein Vierteljahrhundert neoliberaler Deregulierungs- und Privatisierungspolitik mit allen auch in der Krise sichtbaren Folgen für die öffentliche Daseinsvorsorge – und die AfD-Empfehlung lautet: mehr davon!
Komplettiert wird dieser Ausdruck politischer Hilflosigkeit durch eine sattsam bekannte Dosis Rassismus des Abgeordneten Gottfried Curio in einer Debatte zum Thema Staatsangehörigkeitsrecht. Der von ihm schon häufig gebrauchte Vorwurf, die Einwanderungspolitik der anderen Fraktionen, in diesem Fall der Grünen, wolle, „dass aus Deutschland Innerafrika wird“ (Deutscher Bundestag, 19. Wahlperiode, Protokoll der 163. Sitzung, S. 20388) lohnt sicherlich an anderer Stelle einer genaueren Analyse. „Innerafrika“ ist hier das tradierte Signalwort für jede Form der Fremdheit, Bedrohung und des „Anderen“, mit dem an Urängste der Weißen appelliert werden soll und womit sich Curio in den historischen Strang des Rassismus stellt. Einbürgerung soll nach dem Willen der AfD möglichst erschwert, für einige Gruppen generell qua kultureller Herkunft ausgeschlossen werden: „Mit dem forcierten Import von Fremdstaatlern und nachfolgender Ermächtigung zur Wahlbürgerschaft unterscheiden sich Linke und Grüne aber nur unwesentlich von Union und SPD mit ihrem Globalen Migrationspakt mit der Migration als Ziel an sich. (…) Wir sagen: Die angestammt arbeitende Bevölkerung muss Herr im eigenen Hause bleiben; keinen Gratiszutritt zur deutschen Wahlkabine! (…) Das koranische Selbstverständnis des Islam widerspricht all dem aber explizit und ist untrennbar mit einem gesellschaftlichen Machtanspruch samt entsprechenden Gewaltaufrufen verbunden, der mit unserer Verfassung unvereinbar ist. Nicht jede Kultur ist mit jeder anderen kompatibel.“ (Ebd.)
Inhaltlich, das hat diese Woche gezeigt, steckt die AfD in einer Sackgasse. Ohne Zweifel wird sie versuchen, die folgende ökonomische und soziale Krise vor allem nationalistisch und rassistisch zu deuten. Ob sie damit jenseits ihrer Stammwähler*innenschaft punkten kann, bleibt abzuwarten.
Alle Debatten können hier nachgelesen werden:
https://dip21.bundestag.de/dip21/btp/19/19162.pdf
https://dip21.bundestag.de/dip21/btp/19/19163.pdf
https://dip21.bundestag.de/dip21/btp/19/19164.pdf
Dr. Gerd Wiegel ist Referent der Fraktion DIE LINKE. im Deutschen Bundestag.
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