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Dr. Gerd Wiegel

Die AfD im Bundestag - ein Rückblick auf die aktuelle Sitzungswoche

Während die Fraktion für gewöhnlich die Position nationaler Selbstbestimmung und kultureller Homogenität vertritt, macht sie bei der Frage der Vorherrschaft des weißen Mannes schon mal eine Ausnahme. Auch im Rahmen der Haushaltsdebatten der vergangenen Sitzungswoche war diese Position von Seiten der AfD zu hören.

So klagte der Abgeordnete Markus Frohnmaier darüber, dass seit den 1960er Jahren 2 Billionen Dollar an Entwicklungshilfe in Afrika „versickert“ seien. Das Geld, so Frohnmaier, solle besser in Deutschland eingesetzt werden: „Und lernt die Bundesregierung daraus? Nein. Ihre Politik ist die Politik eines Süchtigen. Sie sind süchtig danach, die Schuld der gesamten Welt auf die Schultern der Industriestaaten zu laden als Buße für die drei Ks, die drei Säulen der weißen Schuld: Kolonialismus, Kapitalismus und – neuerdings – Klimawandel. Herr Müller und seine Heerscharen von Helfern sind süchtig danach, die Welt zu vergewohltätigen. (…) Deshalb wollen wir 4 Milliarden Euro in Ihrem Etat, Herr Müller, einsparen. Geld, das in Deutschland gebraucht wird. Geld, das hier investiert werden muss. Geld, das bei unserem Bürger hier in Deutschland ankommen muss.“ (Deutscher Bundestag, 19. Wahlperiode, Protokoll 130. Sitzung, S. 16367)

Auch bei Alexander Gauland ist Afrika ein Thema – hier vor allem als Gefährdung durch unkontrollierte Bevölkerungsvermehrung: „Die Bevölkerung Afrikas wächst derzeit alle zwölf Tage um 1 Million Menschen. Die knapp 2 Millionen Migranten, die wir seit 2015 aufgenommen haben, sind dort in einem halben Monat nachgeboren worden. Dagegen hat ein direkt in Afrika ausgegebener – oder noch besser: investierter – Euro nach den Worten des Entwicklungshilfeministers Gerd Müller die 30-fache Wirkung wie ein in Deutschland eingesetzter.“ (Ebd., S. 16269) Konsistenz in den Positionen sieht sicher anders aus. Während Frohnmaier Gelder für Afrika kürzen will, will Gauland sie explizit dort investiert sehen.

Haushaltswochen bieten die Möglichkeit, über alles und jedes zu reden ohne auch nur entfernt auf das Thema der Debatte achten zu müssen. Von der AfD, die ja zumeist eher für den anschließenden Facebook-Post und weniger für die argumentative Auseinandersetzung redet, wurde das auch in dieser Haushaltswoche weidlich genutzt. Ein skurriles Beispiel bietet der Abgeordnete Brandner, der den Frust darüber, als Vorsitzender des Rechtsausschusses abgewählt worden zu sein, offenbar noch nicht überwunden hat und den auch die Wahl zum stellvertretenden Parteivorsitzenden der AfD nicht getröstet hat. Die wirre und peinliche Rede kann im Originalton hier gehört werden: https://dbtg.tv/fvid/7404371

Sozialpolitisch gibt nach wie vor die Fraktionsvorsitzende Alice Weidel die Richtung vor. Aktienbesitzer, Goldkäufer, Gutverdiener und Hausbesitzer – das sind die primären Zielgruppen für Weidel. Ihnen bietet sie die bekannten Rezepte des Neoliberalismus an: „Was der Staat zu viel einnimmt, muss den Bürgern zurückgegeben werden. Gerade weil Deutschland in die Rezession schlittert, müssen die Fesseln gelockert werden (…). Nachdem Sparbücher und Lebensversicherungen als Anlageformen bereits ruiniert sind, wollen Sie als Nächstes die Käufer von Aktienfonds über eine Finanztransaktionsteuer schröpfen, die nur die Kleinsparer und -anleger trifft. (…) Wer von Negativzinsen in riskantere Anlageformen getrieben wird, der soll künftig seine Verluste nicht mehr steuerlich geltend machen können, sogar rückwirkend nicht – das muss man sich einmal vorstellen! Damit nicht genug: Anonyme Goldkäufe sollen drastisch eingeschränkt werden.“ (Ebd., S. 16292 f.) Goldkäufer und Aktienzocker – das sind die „kleinen Leute“, für die die AfD Politik macht. Nicht zu vergessen natürlich die Hausbesitzer – vom Einzelheim bis zum Wohnungskonzern: „Wie Rot-Rot-Grün in Berlin derzeit den Wohnungsmarkt mit Mietobergrenzen, Enteignungsdrohungen und faktischen Einheitsmieten ruiniert, ist von DDR-Verhältnissen nicht mehr weit entfernt. Was die SPD auf Bundesebene plant, ist nicht besser: massive Eingriffe in das Privateigentum durch Mietendeckel und Einschränkungen bei der Umlegung von Modernisierungskosten.“ (Ebd., S. 16293)

Der Abgeordnete Bruno Hollnagel klagt in seiner Rede zum Bundeshaushalt über aufgeblähte Sozialversicherungssysteme und man fragt sich, wo er die letzten 20 Jahre verbracht hat: „Konsequenzen für die Aufblähung des Sozialversicherungssystems sucht man vergebens im Haushalt. Ja, man kann sich für soziale Wohltaten trefflich feiern und wählen lassen, wenn man spätere Generationen dafür bezahlen lässt.“ (Deutscher Bundestag, 19. Wahlperiode, Protokoll 129. Sitzung, S. 16173)

Während die AfD bei den Sozialsystemen und bei der Entwicklungshilfe deutlich sparen will, steht sie für eine gigantische Ausweitung des Rüstungsetats. Hier sollen die Ausgaben in kurzer Zeit auf bis zu 70 Mrd. Euro erhöht werden (heute sind es ca. 45 Mrd. Euro). Der Redner Martin Hohmann stellt jedoch nicht die Mehrausgaben, sondern sein Bekenntnis zum deutschen Militarismus ins Zentrum seiner Rede: „Woher kommen soldatische Tugenden? Ich spreche von Tugenden aus dreihundert Jahren deutscher Militärgeschichte mit markanten Ereignissen wie den Befreiungskriegen und markanten Persönlichkeiten wie Scharnhorst und Gneisenau. Unlängst wurde bei einem Internetauftritt der Bundeswehr die schon hier zitierte Wehrmachtsuniform gezeigt. Es erhob sich ein politisch unterstützter Shitstorm. Ich stelle drei Fragen: Hatten die damals lebenden Männer denn eine andere Wahl, als Soldat zu werden? Übertreiben wir nicht die Fixierung auf die Jahre 1933 bis 1945? Wird an den Soldaten, die damals gekämpft haben (…), nicht so etwas wie ein Geschichtsexorzismus vollzogen?“ (Deutscher Bundestag, 19. Wahlperiode, Protokoll 130. Sitzung, S. 16349) Dann versteckt sich Hohmann hinter einem Adenauer-Zitat, um, ähnlich wie Gauland, auch den Wehrmachtssoldaten seinen Reverenz zu erweisen: „Wir sind überzeugt, – so Adenauer weiter – daß der gute Ruf und die große Leistung des deutschen Soldaten trotz aller Schmähungen während der vergangenen Jahre in unserem Volke noch lebendig sind und auch bleiben werden. Es muß unsere gemeinsame Aufgabe sein – so Adenauer weiter – und ich bin sicher, wir werden sie lösen –, die sittlichen Werte des deutschen Soldatentums mit der Demokratie zu verschmelzen. Wer wollte den Worten dieses unmittelbaren Zeitzeugen, dieses großen deutschen Staatsmannes und christlich geprägten Patrioten widersprechen?“ (Ebd.)

Vor dem Hintergrund, dass der Abgeordnete Protschka einen zusammen mit anderen Teilen der extremen Rechten in Polen aufgestellten Gedenkstein für deutsche Freikorpskämpfer finanziell unterstützte (https://www.tagesspiegel.de/politik/revisionistischer-gedenkstein-in-polen-historiker-fordern-ruecktritt-von-afd-politiker/25264164.html) und der Abgeordnete Keuter eine Anzeige wegen Verharmlosung der Euthanasiemorde am Hals hat (https://www.tagesspiegel.de/berlin/gedenkstaette-erstattet-strafanzeige-afd-abgeordneter-keuter-soll-euthanasie-verharmlost-haben/25285892.html) ist eine solche Position nicht Ausnahme, sondern kennzeichnend für die AfD.

Vor diesem Hintergrund zuckt man förmlich zusammen, wenn Martin E. Renner in seiner Rede für die AfD zum Bereich Kultur völlig unmotiviert das Wort „Krematoriumsasche“ verwendet: „Verächtlichmachung des Eigenen auf der einen Seite und allgegenwärtiges Moralisieren und permanentes Aufzwingen einer maßlos überbetonten kulturellen Vielfalt auf der anderen Seite, das ist das Handwerk von Ideologen. Genau das zieht sich quer durch Ihre Politik und liegt wie Krematoriumsasche über diesem Haushaltskapitel. Kulturmarxismus pur ist das, pure Ideologie. (…) Das ist es, was Sie hier übergreifend eint: Sie schaffen Deutschland ab und träumen höschenfeucht Ihr OneWorld-Fantasma. Ihre Kultur- und Medienpolitik ist die Deutlich- und Sichtbarwerdung eines links-grünen Juste Milieus voller zeitgeistiger, staatsgeldgieriger Opportunisten.“ „Faschist“ und „Altmännergequatsche“ waren die richtigen Zwischenrufe an dieser Stelle. (Deutscher Bundestag, 19. Wahlperiode, Protokoll 130. Sitzung, S. 16301)

Alle Debatten können hier nachgelesen werden:

http://dip21.bundestag.de/dip21/btp/19/19129.pdf

http://dip21.bundestag.de/dip21/btp/19/19130.pdf

http://dip21.bundestag.de/dip21/btp/19/19131.pdf

http://dip21.bundestag.de/dip21/btp/19/19132.pdf 


Dr. Gerd Wiegel ist Referent der Fraktion DIE LINKE. im Deutschen Bundestag.


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