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Dr. Gerd Wiegel

Die AfD im Bundestag - ein Rückblick auf die aktuelle Sitzungswoche

Dass die AfD keine Alternative ist, ist hinlänglich bekannt. Dass sie sich bis heute als Außenseiter des Politikbetriebs inszeniert und als fundamental anders als die „Altparteien“ beschreibt ist eine gewinnträchtige Attitüde, die jedoch durch ihr konkretes politisches Agieren immer wieder als Fake entlarvt werden müsste – was leider viel zu wenig passiert. Nirgends wird das deutlicher als im weitgefassten Feld der Sozial-, Steuer- und Arbeitsmarktpolitik. Hier ist die AfD eine reaktionär-bürgerliche, wirtschaftsliberale Partei, die im Verbund mit FDP und CDU nicht Alternativen vertritt, sondern für ein „weiter so“ des nationalen Wettbewerbsstaates steht.

Steuervergünstigungen für Besserverdienende, marktradikale Wettbewerbspolitik, Begünstigung von Einkommensmillionären, Unterstützung dubioser Geldwäschepraktiken und immer wieder die Drangsalierung von Langzeitarbeitslosen und die Einschränkung des Sozialstaates – das sind die „Alternativen“, die die AfD in der vergangenen Sitzungswoche im Parlament anbot.

Mit FDP und CDU steht die AfD für eine sofortige und vollständige Abschaffung des Soli. Die GroKo ist diesem Ansinnen nahe gekommen, hat aber – auf Druck der SPD – die oberen Einkommensgruppen von dieser vollständigen Entlastung ausgenommen. Genau für diese Gruppen macht sich die AfD stark und will im Einklang mit der FDP auch sie vollständig entlasten. Die steuerlichen Ausfälle in Milliardenhöhe könnten, so hatte es schon Frau Weidel geäußert, durch Einsparungen im Bereich Arbeit und Soziales aufgebracht werden. Kay Gottschalk von der AfD sieht in der Beibehaltung des Soli für die oberen Einkommensklassen „eine verdeckte Vermögenssteuer“ (Deutscher Bundestag, 19. Wahlperiode, Protokoll 127. Sitzung, S. 15785) gegen die sich die AfD programmatisch ausgesprochen hat.

Derselbe Kay Gottschalk rückt auch beim Thema „Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Wirtschaft“ die AfD eng an die Seite der FDP: „Anstatt über weitere Steuerarten wie beispielsweise die Luftverkehrsteuer nachzudenken, könnten wir hier im Deutschen Bundestag doch tatsächlich einmal den Weg der FDP einschlagen und darüber nachdenken, wie man den Gürtel enger schnallen kann, also bei der Ausgabenseite anzufangen. Mir würden viele Ausgaben einfallen, an die wir zusammen herangehen könnten.“ (Ebd., S. 15812) Um noch einmal zu unterstreichen, dass die AfD im Gleichschritt und ohne jede Alternative mit der vorherrschenden Wirtschaftspolitik ist, macht Gottschalk den bürgerlichen Parteien direkte Avancen: „Meine Damen und Herren von der CDU, wenn Sie wirklich Unternehmenspolitik machen wollen, dann schauen Sie nach rechts von Ihrer Fraktion. Das können Sie mit unserer Fraktion – da sitzen vernünftige Wirtschaftsfachleute –, das können Sie mit der FDP und mit Ihren Leuten machen; aber Sie glauben doch nicht ernsthaft, mit denen dort drüben, links, Unternehmenspolitik gestalten zu können.“ (Ebd.)

Mit der Umsetzung eines Gesetzes zu Aktionärsrichtlinien soll u.a. der Wildwuchs der exorbitanten Managergehälter eingedämmt werden. Auch hier steht die AfD an der Seite von Besserverdienern und Superreichen und will die Entscheidung über die Gehälter aus dem auch mit Beschäftigtenvertreter_innen besetzten Aufsichtsrat der Unternehmen in die Hauptversammlung und damit in die Hand der (Groß)Aktionäre verlegen (Vgl. Ebd., S. 15896 ff.).

‚Der Staat muss nicht alles wissen‘ – diese Maxime wird von der AfD vor allem dann vertreten, wenn es um unklare Geldflüsse und Geldgeschäfte geht. Schon im Grundsatzprogramm sprach sie sich gegen die konsequente Verfolgung von Steuerbetrügern aus. Im Bundestag lehnt sie jetzt mit dem Verweis auf mögliche Bespitzelung der Bürgerinnen und Bürger eine EU-Geldwäscherichtlinie ab. Für Stefan Keuter ist sie gleich Ausdruck des Sozialismus: „Die Geldwäscherichtlinie, die vom Europäischen Parlament und vom Europäischen Rat vorgegeben wurde, biegt links ab. Europa biegt links ab. Deutschland zahlt, und Deutschland folgt in den Sozialismus.“ (Deutscher Bundestag, 19. Wahlperiode, Protokoll 127. Sitzung, S. 15921) Fabio de Masi von der LINKEN verdeutlicht, wohin die Vorstellungen der AfD führen: „Herr Keuter, auch das muss hier gesagt werden: Sie sollten den Wählerinnen und Wählern verraten, dass die Kriminalbeamten in der Anhörung sagten, dass mit den Ideen der AfD ein Schutzraum für Terrorgelder, Kinderpornografie und Menschenhandel geschaffen wird. Ihre Wählerinnen und Wähler haben einen Anspruch, das zu erfahren.“ (Ebd., S. 15924)

Während die AfD also bei Vermögenden und Superreichen sehr großzügig ist und sie von jeder staatlichen Bedrängung freihalten will, sieht es bei den Menschen am unteren Ende der sozialen Leiter ganz anders aus. Ihnen begegnet die AfD mit generellem Misstrauen und plädiert für Einschränkungen und scharfe Sanktionen. Das Urteil des Bundesverfassungsgerichts, die drastischen Sanktionen gegen Hartz-IV-Empfänger verstießen gegen die Verfassung, wird von der AfD bedauert, die Anträge von LINKEN und Grünen dazu abgelehnt. Für Norbert Kleinwächter sind diese Menschen vor allem potenzielle Betrüger und Sozialschmarotzer: „Die Grünen und die Linken sind geradewegs auf dem Weg ins Paradies. Sie wollen soziale Garantien ohne Sanktionen. Sie wollen also auf Deutsch übersetzt, dass Hartz-IV- und Sozialhilfeempfängern rein gar nichts passiert, wenn sie Termine schwänzen, wenn sie keinen Bock auf Arbeit haben und wenn sie auf Steuerzahlerknete ausschlafen.“ Weiter bedient Kleinwächter das Bild der sozialen Hängematte und macht das, was die AfD immer tut – die Subalternen gegeneinander ausspielen, um den Blick von denen ganz oben abzulenken: „Wenn die Sanktionsmechanismen allerdings fehlen, wird es zu nichts anderem als einem bedingungslosen Grundeinkommen, einem bedingungslosen Faulheitseinkommen. Das finden wir nicht gut. Wer einmal da angekommen ist, ist doch mit den zahlreichen Vergünstigungen besser versorgt. Er ist besser versorgt als mancher Selbstständige, besser versorgt als manche Reinigungskraft, besser versorgt als manche Altenpflegehilfe nach anstrengenden Arbeitstagen.“ Gerade vor einem Monat hat sich die AfD im Bundestag gegen einen Gesetzentwurf zur besseren Entlohnung und stärkeren Tarifbindung in der Pflege ausgesprochen, jetzt führt sie die zu geringen Entlohnungen in diesem Bereich an, um sie gegen Hartz-IV-Bezieher_innen ins Feld zu führen. So was nennt man eine verlogene Politik.

Nur folgerichtig werden von der AfD die Stärkung der Arbeitslosenversicherung und die Verbesserung des Arbeitslosengeldes, wie von der LINKEN gefordert, abgelehnt. Jörg Schneider will für die AfD die Hürden für die Betroffenen möglichst hoch halten: „Beides wird nämlich dazu beitragen, dass die Hürden, Sozialleistungen zu bekommen, gesenkt werden. Es werden im Grunde genommen die Hürden gesenkt, in diesem System bleiben zu können.“ (Deutscher Bundestag, 19. Wahlperiode, Protokoll 128. Sitzung, S. 16093)

Nach dieser Debattenwoche, in der die AfD ihren Klassenstandpunkt einmal mehr deutlich gemacht hat, kann ein Satz ihres Abgeordneten Martin Sichert nur als Verhöhnung eines Teils der eigenen Wählerinnen und Wähler gesehen werden: „Wir haben großen Zuspruch bei den Arbeitnehmern, weil sie darauf vertrauen können, dass wir uns mit Weitsicht und Verstand für sie einsetzen.“ (Ebd., S. 16097)

Die Annäherung von AfD und FDP erfolgt nicht nur einseitig. Schon in der letzten Woche hatte die FDP mit der Aktuellen Stunde zum „Fall Ibrahim Miri“ ein klassisches AfD-Thema aufgegriffen. Eine in ihrer Denunziationsabsicht besonders ekelhafte Anfrage der FDP zur Amadeu-Antonio-Stiftung sollte als Alarmsignal gewertet werden, dass inhaltliche Nähen jenseits der schrillen Töne doch schneller Platz greifen können, als mancher und manche sich das vorstellen können: http://dipbt.bundestag.de/doc/btd/19/138/1913874.pdf

Alle Debatten können hier nachgelesen werden:

http://dip21.bundestag.de/dip21/btp/19/19127.pdf

http://dip21.bundestag.de/dip21/btp/19/19128.pdf 


Dr. Gerd Wiegel ist Referent der Fraktion DIE LINKE. im Deutschen Bundestag.


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