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Dr. Gerd Wiegel

Die AfD im Bundestag - ein Rückblick auf die aktuelle Sitzungswoche

Zum ersten Mal in 70 Jahren Bundestag könnte es zur Abwahl eines Ausschussvorsitzenden kommen. Stephan Brandner aus der AfD war, soviel konnte man wissen, von Anfang an ungeeignet für den Vorsitz des Rechtsausschusses. Dennoch wurde er im Januar 2018 von der Mehrheit im Ausschuss gewählt (die Abgeordneten der LINKEN haben gegen ihn gestimmt, soviel kann ich versichern). Jetzt sind sich die Angehörigen aller Fraktionen des Ausschusses außer der AfD einig, dass Brandner nicht länger tragbar ist. Für Mittwoch 13. November steht ein Abwahlantrag auf der Tagesordnung des Rechtsausschusses.

Gleich drei Aktuelle Stunden machten in dieser Woche die AfD direkt, ihre zentralen Themen, oder die von ihr maßgeblich zu verantwortende Verschärfung des gesellschaftlichen Klimas zum Thema. Öffentlich skandalisiert wurde aber vor allem das Verhalten der AfD in der Debatte zum Thema „30 Jahre Mauerfall“, in der Tino Chrupalla offensichtlich schon einmal eine Bewerbungsrede für die mögliche Übernahme des Parteivorsitzes nach einem etwaigen Abgang Gaulands hielt. Während die AfD Woche für Woche gegen Migrantinnen und Migranten hetzt, ohne damit noch größere Aufmerksamkeit außerhalb ihrer Kreise zu erzielen, nimmt die bürgerliche Presse Beleidigungen der Regierungschefin noch zur Kenntnis. Nach wie vor ist Bundeskanzlerin Merkel das Lieblingsfeindbild der AfD. Nachdem Chrupalla Faschismus, Weltkrieg und Shoah als Hintergrund der deutschen Teilung unerwähnt ließ und diese als „Entzweiung des deutschen Volkes“ und Symbol der „Fremdherrschaft durch zwei Weltmächte, die unser Land im Herzen Europas für ihren Kalten Krieg einspannten“ einordnete, widmete er sich Merkel. „Die Einheit bescherte uns auch neue Politiker, zum Beispiel die amtierende Kanzlerin Angela Merkel. Ich bedaure, dass sie uns nicht verrät, welche Herrschafts- und Zersetzungsstrategien sie damals bei der FDJ gelernt hat. Wie man ein Volk mit Agitation und Propaganda in Schach hält, ist wertvolles Wissen, das uns dabei helfen könnte, den Riss zu kitten, der heute wieder durch Deutschland geht. Wie haben Sie es eigentlich geschafft, Frau Merkel, dass heute wieder ein antifaschistischer bzw. ein antideutscher Trennwall unser Land zerteilt? Diese Entwicklung fällt in Ihre Amtszeit. Dafür sind Sie verantwortlich. Oder glauben Sie etwa, dass Ihren Untertanen Ihre vielen Mikroaggressionen gegen alles Deutsche entgangen sind? Ich kann auch kaum glauben, dass eine Frau so wenig Mitgefühl und Liebe zu dem Volk empfindet, das sie selbst regiert und repräsentiert.“ (Deutscher Bundestag, 19. Wahlperiode, Protokoll 125. Sitzung, S. 15565 f.)

„Hassrede und Hasskriminalität“ wurden von der Koalition zum Thema einer Aktuellen Stunde gemacht, die die AfD-Redner nicht zu Unrecht auf sich und ihre Anhängerschaft bezog. So ging es Marc Jongen vor allem darum, Hass und Hetze im Netz als berechtigten Ausdruck des Zorns über die verfehlte Politik der „Altparteien“ darzustellen: „In Ihren Initiativen gegen Hassrede und Hasskriminalität geht es aber um etwas ganz anderes. Sie instrumentalisieren und missbrauchen diese Fälle, um ein System der Unterdrückung der freien Rede, der Zensur und der Angst in diesem Land zu installieren, um politisch Andersdenkende mundtot zu machen.“ (Deutscher Bundestag, 19. Wahlperiode, Protokoll 124. Sitzung, S. 15349) Der Nazimord an Walter Lübcke, der Anschlag von Halle und die Bedrohungen zahlreicher Politiker und Politikerinnen werden von Jongen bagatellisiert: „Die wenigen schweren Straftaten halbirrer Extremisten greift man begierig auf, um die Gefahr des Rechtsextremismus maßlos aufzubauschen und in beispielloser Weise vor allem gegen unsere Rechtsstaatspartei, die AfD, zu hetzen.“ (Ebd.) Und schließlich: „Nicht die AfD sät Hass in Deutschland, wie Sie behaupten. Wir geben dem gerechten Zorn im Land einen zivilen, einen parlamentarischen Ausdruck.“ (Ebd., S. 15351) Den „zivilen“ Ausdruck dieses „gerechten Zorns“ kann man tatsächlich Woche für Woche im Parlament studieren, wenn die AfD Menschen mit einem bestimmten Migrationshintergrund pauschal zu Verbrechern, Vergewaltigern und Messerstechern stempelt.

Während die AfD sich in Gestalt von Jongen zum Verteidiger der Meinungsfreiheit in Deutschland aufspielt und die Einrichtung eines „Hinweistelefons Rechtsextremismus“ beim Bundesamt für Verfassungsschutz vom Abgeordneten Martin Hebner als „Denunziationsplattform“ und „Bürgerbespitzelung“ bezeichnet wurde, hatten seine Kollegen und Frau von Storch im Innenausschuss noch tags zuvor die Einrichtung eines solchen Hinweistelefons für den Bereich „Linksextremismus“ gefordert. Dass die AfD in zahlreichen Bundesländern sogenannte Lehrer-Meldeportale geschaltet hatte, in Wahrheit also eine große Freundin von Denunziation und Einschüchterung ist, ging leider unter.

Die AfD nutzt Aktuelle Stunden vor allem dazu, sich selbst zum Thema von Plenardebatten zu machen. Diesmal nahm sie dafür eine vorbildliche Sendung des Kinderkanals KiKa zum Anlass, in der völlig korrekt und kindgerecht die inhaltliche Ausrichtung der AfD skizziert wurde. Opferinszenierung und Medienschelte waren Ziel dieser Debatte, die aber nur dazu taugt, die Fantasiewelt der AfD zu dokumentieren, wie sie bei Martin E. Renner deutlich wird: „Ihre aktuelle Politik stellt nur noch eine irrwitzige, irrationale und für den gesunden Menschenverstand nicht mehr nachvollziehbare Ideologie dar, Ihre international-sozialistische, kulturmarxistische, etatistische, die im Duktus des hypermoralisierenden Weltenretters daherkommt, weniger weil diese multikulturellen Erlösungsprediger das Fremde so sehr lieben, mehr weil sie das Eigene so sehr hassen. Genau das ist Ihre Botschaft, die Sie hier mit Ihren medialen Helfershelfern ebenso konstant wie hysterisch in allen politischen Feldern rausposaunen – ununterbrochen. Vielfaltswahn, Toleranz bis hin zur Selbstaufgabe, Gender-Gaga, Klimahysterie, Dieselirrsinn; alles zusammen ein Irrsinn, gegenüber dem der Bürger sich nicht mehr wehren darf, dessen Kosten er aber tragen soll.“ (Deutscher Bundestag, 19. Wahlperiode, Protokoll 123. Sitzung, S. 15257)

Thomas Ehrhorn als zweiter AfD-Redner in der Debatte macht dann deutlich, wie sich die AfD die mediale Zukunft vorstellt, wenn sie erstmal regiert: „Deshalb sollten Sie, die selbsternannten ‚demokratischen Parteien‘, sich lieber beeilen mit Ihrem erbärmlichen Versuch, nun auch noch den Verfassungsschutz zu instrumentalisieren; denn wenn wir erst in Regierungsverantwortung sein werden, dann werden wir aus diesem Rundfunkstaatsvertrag aussteigen, und wir werden die GEZ-Gebühren ebenfalls abschaffen. Die Zeit des linken Haltungsjournalismus wird an genau diesem Tag zu Ende gehen (…).“ (Ebd., S. 15266)

Die Wiedereinreise und der Asylantrag des verurteilten Straftäters Ibrahim Miri sorgten für große Schlagzeilen der Bild-Zeitung und wären ein typisches AfD-Thema für eine Aktuelle Stunde. Beantragt wurde sie aber von der FDP, die sich zugunsten des Fischens in AfD-Gewässern von ihren rechtsstaatlichen Prinzipien verabschiedet. Friedrich Straetmanns macht in seiner Rede deutlich, dass für DIE LINKE rechtsstaatliche Prinzipien auch dann gelten, wenn es sich um Straftäter handelt: https://dbtg.tv/fvid/7400605 Der AfD-Abgeordnete Hess brachte das Rechtsstaatsverständnis der AfD mit dem Satz: „Wir brauchen eine Strategie des Vorschlaghammers“ auf den Punkt. (Deutscher Bundestag, 19. Wahlperiode, Protokoll 125. Sitzung, S. 15678)

Sozialpolitisch steht die AfD nach wie vor auf dem Boden der neoliberalen Hartz-IV-Politik und spielt diejenigen am unteren Ende der Stufenleiter gegeneinander aus. Um nur ja nicht den Blick nach oben zu wenden, werden von ihr Rentnerinnen und Rentner, Hartz-IV-Empfänger_innen und Asylbewerber_innen gegeneinander in Stellung gebracht. Bei Martin Sichert heißt es: „Die Hartz-IV- und Asylgesetzgebung ist zutiefst ausländerfeindlich. Sie legt den Nährboden für Ausländerfeindlichkeit; denn natürlich sind die über 5 Millionen Deutschen, deren Rente weniger als 500 Euro beträgt, stinksauer, wenn der frisch Zugereiste nebenan deutlich mehr bekommt.“ Neben der Fälschung der Zahlen durch Sichert – Asylbewerber bekommen 354 Euro Sozialhilfe und damit 15 Prozent weniger als der reguläre Satz von 424 Euro – tut die AfD alles dafür, dass Neid und Missgunst zwischen denen unten erhalten bleiben, damit über Superreiche, Vermögenssteuer und Umverteilung möglichst nicht gesprochen wird. Noch einmal Sichert: „Unions- und SPD-Politiker im Bundesverfassungsgericht sorgen dafür, dass jene, die sich auf die faule Haut legen, nur minimale Einbußen haben, und Die Linke will regelmäßig das Geld für frisch Zugewanderte erhöhen.“ (Ebd.)

Zum Schluss noch ein Blick auf die wöchentliche Dosis an Hetze – diesmal vorgetragen von Karsten Hilse, dem Klima-Priester der AfD: „Mit einem Priester auf der Kanzel ist es bei solchen Dimensionen natürlich nicht getan; da muss man schon größere Geschütze auffahren. So konnten wir in den letzten Jahren, vor allem im zurückliegenden Jahr, eine gut geplante, hoch emotionale und professionell durchgezogene Kampagne erleben, losgetreten von Neomarxisten, Neostalinisten, teilweise finanziert von Multimilliardären, begleitet von Leitmedien, vor allem von den Öffentlich-Rechtlichen. Diese hämmerten ihren Lesern und Zuschauern tagtäglich ein, dass sie für das nahende, finale Fegefeuer verantwortlich seien. Mit genügend finanziellen Mitteln ausgestattete Organisationen nahmen dann Kinder und Jugendliche ins Visier und missbrauchten diese für ihre Ziele. Als Vorbild galt die Kulturrevolution in China und die damaligen Kommunisten, die die Kinder gegen ihre Eltern aufhetzten. Damals war es der Große Sprung mit Millionen von Toten. Heute ist es die Große Transformation. (Beifall bei der AfD – Gökay Akbulut [DIE LINKE]: Was haben Sie getrunken?)“ (Deutscher Bundestag, 19. Wahlperiode, Protokoll 125. Sitzung, S. 15625)

Alle Debatten können hier nachgelesen werden:

http://dip21.bundestag.de/dip21/btp/19/19123.pdf

http://dip21.bundestag.de/dip21/btp/19/19124.pdf

http://dip21.bundestag.de/dip21/btp/19/19125.pdf 


Dr. Gerd Wiegel ist Referent der Fraktion DIE LINKE. im Deutschen Bundestag.


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