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Neuer Kriegsschauplatz: Cyberspace

Dr. Ulryk Gruschka, Luckenwalde

Dr. Gruschka während seines Vortrages; Foto: Gustke

Die Veröffentlichungen von Edward Snowden über das Ausspähen der Privatsphäre der Menschen durch die USA unter Beihilfe anderer westlicher Geheimdienste zeigen, wie skrupellos Menschenrechte verletzt und bedeutungslos werden, wenn Machtinteressen herrschender imperialistischer Kreise durchgesetzt werden sollen. Aber es geht hierbei nicht in erster Linie um Lauschangriffe auf Nutzer von Informationstechnologien, sondern um weit mehr. Der damalige NSA-Chef General Kenneth Minihan schrieb bereits im Juni 1996 in einer geheimen Mitteilung an seine Mitarbeiter: „Eine Informationsrevolution fegt um die Welt, die so radikale Veränderungen erzwingt – wie einst die Entwicklung der Atombombe ... So wie die Kontrolle der industriellen Technologie einst der Schlüssel zu militärischer und ökonomischer Macht während der vergangenen zwei Jahrhunderte war, wird die Kontrolle der Informationstechnologie der Schlüssel zur Macht im 21. Jahrhundert. Sämtliche Bemühungen müssen „einem einzigen Ziel“ dienen: „der informellen Vorherrschaft für Amerika.“

Im Oktober 2012 unterzeichnete Barack Obama eine als „streng geheim“ eingestufte Direktive, die Amerika in ein neues Zeitalter überführen soll. Darin wurden die Streitkräfte durch ihn beauftragt, einen regulären Krieg im Internet gegen andere Nationen vorzubereiten.

Weiter heißt es darin, „Ziel der Vorbereitungen sei es, Computer, Informationssysteme oder Netzwerke im Ausland zu manipulieren, zu stören, zu schwächen, zu blockieren oder zu zerstören.“ Ausdrücklich ist darin auch die Rede davon, dass sich die USA bei „immanenten Gefahren“ das Recht auf einen Cyber-Erstschlag vorbehalten. Was das im Ernstfall bedeutet, kann sich jeder ausmalen, der weiß, dass heute die gesamte Energieversorgung, Gesundheitsversorgung, die Kommunikation, das Verkehrswesen und vieles andere von zentraler Computersteuerung abhängt. Mal ganz abgesehen von effektiver Landesverteidigung.

Vor allem betreibt Washington eine digitale Offensive gegen den rasant wachsenden Einfluss Chinas in der heutigen Welt, der als größte Bedrohung für Amerikas globale Vormachtstellung empfunden wird. Die Volksrepublik China lehnt eine unipolare von den USA dominierte Weltordnung ab, die nach dem Zusammenbruch des sozialistischen Lagers entstand. Sie betont vielmehr, dass alle Länder, ob groß oder klein, gleichberechtigt sind, und strebt so eine multipolare Welt an, in der die Völker in friedlicher Koexistenz ihre eigene Entwicklung selbst bestimmen.

Gleichzeitig bedrohen die enorme wirtschaftliche Entwicklung Chinas und die politische Wirkung seines Beispiels auf die Entwicklungsländer die angestrebte dominante Stellung der USA. Deshalb, so klagte der langjährige Verteidigungsminister der USA Robert Gates, sei China „die Sowjetunion unserer Tage“.

Präsident Obama äußerte sich nach seinem Amtsantritt, seitdem die Chinesen wirtschaftlich zum Westen aufgeschlossen hätten, müsse Amerika „einen Weg finden, sie zurückzudrängen und selbst die Ellenbogen auszufahren.“ Und so bestimmen im immer umfangreicheren Maße gezielte Ausspähmaßnahmen gegen die chinesische Wirtschaft, das Militärwesen, die staatliche Führung und die Kommunistische Partei Chinas das Bestreben, „die Sowjetunion unserer Tage“ zu bekämpfen.

Die NSA, zu der auch das Cyberkommando der US-Streitkräfte gehört, ist dabei die Speerspitze des imperialen Zugriffs, dem die gesamte Welt ausgesetzt ist. Der Cyberraum wird dabei als Hoheitsbereich der USA angesehen. Rund 50 Milliarden Dollar lassen sich die USA das im Jahr kosten.

Der ehemalige NSA-Chef Hayden (1999-2005) äußerte sich in einem Interview (s. Spiegel 13/2014 S. 92): „Wir Amerikaner denken in militärischen Doktrinen und Hoheitsbereichen, sei es auf dem Land, zur See, in der Luft oder im Weltraum. Als Teil dieser militärischen Betrachtung sehen wir auch den Cyberraum als einen Hoheitsbereich. Wenn wir von Vorherrschaft in der Luft sprechen, meinen wir, dass wir Zeit und Ort der Nutzung des Luftraumes selbst bestimmen, gleichzeitig unseren Gegnern verweigern können, wenn es nötig ist. So ist es auch mit dem Cyberspace.“

Auf die Frage: „Wäre ein No-Spy-Abkommen nicht die beste Lösung?“ antwortete er: „Wir haben mit Niemanden ein entsprechendes Abkommen geschlossen. Nicht einmal mit den Briten. Das Weiße Haus hat das sehr deutlich gemacht. Ein solches Abkommen wird es nicht geben.“

Deutlicher kann man seine Weltherrschaftsansprüche kaum noch zum Ausdruck bringen.

Wir sind uns gewiss, dass sich das die Völker auf Dauer nicht bieten lassen werden und China, Indien, Russland u.a. die technischen Möglichkeiten haben, dem wirksam entgegenzutreten und diesem geopolitischen Größenwahn seine Grenzen deutlich zu machen.